Tuesday, September 7, 2021 - 11:56German

 

  • • Umsatz der deutschen Schuhindustrie im Aufwind 
  • • Schuheinfuhren rückläufig 
  • • Bundestagswahl 2021: Wirtschaftsfreundliche Politik notwendig, um Aufschwung zu ermöglichen 

Umsatz- und Beschäftigungsentwicklung 

Der Umsatz der deutschen Schuhhersteller mit 50 oder mehr Beschäftigten ist in den ersten sechs Monaten von 2021 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 1,28 auf 1,44 Milliarden Euro gestiegen. Dies bedeutet einen Anstieg der Verkaufserlöse um 12,5 Prozent. Mit 1,2 Milliarden Euro lag der Inlandsumsatz 12,7 Prozent über dem Inlandsumsatz des ersten Halbjahres 2020. Der Auslandsumsatz erhöhte sich im ersten Halbjahr 2021 im Vergleich zum ersten Halbjahr 2020 von 230 auf 257 Millionen Euro. Damit hat die deutsche Schuhindustrie zwar beim Umsatz wieder zugelegt, das Vorkrisenniveau des Jahres 2019 aber noch nicht erreicht. 

Der erneute Lockdown Ende 2020 hat die deutschen Schuhhersteller des modisch-eleganten Segments und mit enger Beziehung zum stationären Fachhandel wieder in den Krisenmodus zurückversetzt. Die Schließung des Fachhandels bis weit in den Frühsommer hinein verstärkte die digitale Ausrichtung der Vertriebskanäle. Die Gleichstellung der Hersteller bei den Sonderabschreibungsmöglichkeiten für Saisonware im Rahmen der Überbrückungshilfe III half den betroffenen Herstellern die existenzbedrohende Situation abzuwenden. Demgegenüber konnten Hersteller von Sport-, Sicherheits- und Kinderschuhen das Geschäftsniveau annähernd aufrechterhalten. 

Aufgrund des lang andauernden Lockdowns mussten die deutschen Schuhhersteller trotz des häufig eingesetzten Mittels der Kurzarbeit personell Anpassungen vornehmen. Von Januar bis Juni 2021 beschäftigte die Branche im Monatsdurchschnitt 14.628 Mitarbeiter. Dies entspricht im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einem Rückgang von 6,2 Prozent. Dennoch haben die Betriebe den kommenden Fachkräftemangel und die Digitalisierung im Blick und suchen nach entsprechend qualifizierten Auszubildenden sowohl im kaufmännischen wie im technischen Bereich. Hierbei weisen die Betriebe im Rahmen des „Sommers der Berufsausbildung“ mit dem Eventhashtag #AusbildungStarten auf ihre Möglichkeiten hin. 

Am 11. Juni 2021 hat der Bundestag das sogenannte Lieferkettengesetz verabschiedet. Das Lieferkettengesetz bringt vor allem bürokratische Belastungen durch mehr Überwachungs- und Dokumentationsaufwand. Wir fordern von der kommenden Bundesregierung, dass das Lieferkettengesetz möglichst bürokratiearm und praxisgerecht umgesetzt wird. Weiterhin darf es keine neuen Belastungen für Betriebe geben. In der aktuellen HDS/L Konjunkturumfrage gab ein Drittel der befragten Schuhhersteller an, dass wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen wie zum Beispiel die Bürokratie ein erhebliches Risiko für die positive Unternehmensentwicklung darstellen. Im Branchendialog des Bundeswirtschaftsministeriums mit der Konsumgüterindustrie im April 2021 haben Vertreter der Schuh- und Lederwarenindustrie darüber hinaus aufgezeigt, welche negativen Konsequenzen das Lieferkettengesetz für sie hat und wie ein Level playing field des Fachhandels und der Industrie mit den Onlineplattformen geschaffen werden kann. 2 

Am 26. September findet die Bundestagswahl im Superwahljahr 2021 statt. Die Unternehmen hoffen, dass die neue Bundesregierung eine wirtschaftsfreundliche Politik betreibt und versteht, dass eine gesunde, dynamische Industrie im Zusammenspiel mit einem erfolgreichen Fachhandel die Basis für den Wohlstand der Gesellschaft darstellen. Auch wenn davon im Wahlkampf von den Parteien noch wenig zu hören ist. Die Betriebe gehen davon aus, dass die Corona-Pandemie zum größten Teil überwunden ist und der Aufschwung an Fahrt gewinnt. 

Preise 

Die Erzeugerpreise für Schuhe sind im ersten Halbjahr 2021 im Vergleich zum ersten Halbjahr 2020 stabil geblieben. Es gibt jedoch Unterschiede zwischen den verschiedenen Schuhtypen. Während leichte Anstiege bei den Erzeugerpreisen für Sicherheitsschuhe zu verzeichnen sind, sind die Erzeugerpreise für andere Schuhtypen um 0,2 Prozent zurückgegangen. Anstiege bei den Erzeugerpreisen sind für Textilien und Bekleidung zu verzeichnen (Textilien: 1,4 Prozent; Bekleidung: 0,3 Prozent). Insgesamt sind die Erzeugerpreise für gewerbliche Produkte im Vergleich vom ersten Halbjahr 2021 zum ersten Halbjahr 2020 um 4,5 Prozent gestiegen. 

Die Verbraucherpreise sind über den gesamten Warenkorb von Januar bis Juni 2021 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 1,8 Prozent angestiegen. Für Schuhe insgesamt ist ein Rückgang bei den Verbraucherpreisen von 0,1 Prozent zu verzeichnen. Bei Herren- und Damenschuhen sind die Verbraucherpreise um 0,2 bzw. 0,9 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2020 gefallen. Anstiege liegen bei Kinderschuhen (+2,3 Prozent) vor. 

Außenhandel 

Exporte 

Im ersten Halbjahr 2021 wurden 162,5 Millionen Paar Schuhe mit einem Gesamtwert von 3,7 Milliarden Euro aus Deutschland ausgeführt. Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2020 entspricht dies einem Anstieg der exportierten Paarzahl um 8,7 Prozent. Der Wert der exportierten Schuhe stieg um 14,9 Prozent von 3,2 auf 3,7 Milliarden Euro. Der Durchschnittspreis eines exportierten Schuhs betrug 22,76 Euro im ersten Halbjahr 2021, was einem Anstieg von 5,7 Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 2020 entspricht. 

Nach den starken Einbrüchen in 2020 waren in 2021 Zuwächse in der Ausfuhr zu verzeichnen. Der Export nach Polen, dem wichtigsten Abnehmerland von Schuhen aus Deutschland, blieb stabil: Während von Januar bis Juni 2020 30,1 Millionen Paar Schuhe von Deutschland nach Polen exportiert wurden, wurden im gleichen Zeitraum 2021 29,7 Millionen Paar ausgeführt, was einem Rückgang von 1,4 Prozent entspricht. Für andere wichtige Abnehmerländer hat die Ausfuhr in den ersten sechs Monaten 2021 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum zugenommen (Frankreich: +23,1 Prozent auf 22,2 Mio. Paar; Slowakei: +4,8 Prozent auf 11,6 Mio. Paar; Italien +12,3 Prozent auf 10,3 Mio. Paar). Vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie und der Unsicherheit über die zukünftigen Handelsbeziehungen mit der EU waren die Exporte nach Großbritannien von 2019 zu 2020 zurückgegangen. Für das erste Halbjahr 2021 aber ist im Vergleich zum ersten Halbjahr 2020 ein Zuwachs von 18,6 Prozent zu beobachten. So ist die Ausfuhr von 6,4 auf 7,6 Millionen Paar Schuhe gestiegen. Good news auch im US-Markt: Die positive wirtschaftliche Entwicklung in den Vereinigten Staaten wirkt sich auch auf den Export von Schuhen aus. Während im ersten Halbjahr 2020 noch 3,2 Millionen Paar ausgeführt wurden, wurden von Januar bis Juni 2021 7,3 Millionen Paar in die USA ausgeführt. 3 

Der Großteil der aus Deutschland ausgeführten Schuhe hat Länder des europäischen Binnenmarktes als Ziel. Im ersten Halbjahr 2020 betrug der Anteil in EU-Länder ausgeführten Schuhe an allen aus Deutschland ausgeführten Schuhe 84,0 Prozent. Dieser Anteil ist im ersten Halbjahr 2021 auf 81,6 Prozent gefallen. In den ersten sechs Monaten von 2021 wurden 131,9 Millionen Paar Schuhe aus Deutschland in die Länder der Europäischen Union ausgeführt. Im Vergleich zum Zeitraum Januar bis Juni 2020 ist die absolute Anzahl an exportierten Schuhen in die Länder der Europäischen Union um 5,1 Prozent gestiegen. 

Im Export entwickelten sich die verschiedenen Schuhsegmente unterschiedlich. Während die Ausfuhr von Straßenschuhen mit Lederoberteil um 2,4 Prozent auf 27,4 Millionen Paar im ersten Halbjahr 2021 im Vergleich zum ersten Halbjahr 2020 zurückging, stieg im gleichen Zeitraum die Ausfuhr von Straßenschuhen mit Spinnstoffoberteil um 9,6 Prozent auf 30,0 Millionen Paar. Modisch im Trend zeigen sich Sandalen im Export: Für Sandalen mit Lederoberteil als auch bei Sandalen mit Kunststoffoberteil stiegen die Ausfuhren im ersten Halbjahr 2021 im Vergleich zu ersten Halbjahr 2020 (Sandalen mit Lederoberteil: +1,3 Prozent auf 9,6 Mio. Paar; Sandalen mit Kunststoffoberteil: +14,2 auf 30,9 Mio. Paar). 

Importe 

In den ersten sechs Monaten von 2021 wurden im Vergleich zum Vorjahreszeitraum 5,6 Prozent weniger Schuhe eingeführt. Im ersten Halbjahr 2021 wurden 320,5 Millionen Paar Schuhe in Deutschland importiert. Der Importwert fiel von 4,9 auf 4,8 Milliarden Euro, was einem Rückgang von 1,2 Prozent entspricht. Der Durchschnittspreis eines importierten Paar Schuhe ist um 4,6 Prozent auf 15,16 Euro gestiegen. 

China ist das wichtigste Importland von Schuhen mit einem Anteil von 43,6 Prozent an allen in Deutschland eingeführten Schuhen. Im Vergleich zum ersten Halbjahr 2020 ist die Einfuhr von Schuhen aus China nach Deutschland um 4,5 Prozent von 146,3 auf 139,6 Millionen Paar im ersten Halbjahr 2021 zurückgegangen. Rückläufig haben sich im gleichen Zeitraum die Einfuhren aus Vietnam, Indonesien und Indien entwickelt (Vietnam: -3,2 Prozent auf 55,9 Mio. Paar; Indonesien: -17,9 Prozent auf 17,5 Mio. Paar; Indien: -9,7 Prozent auf 7,6 Mio. Paar). Während für manche europäische Lieferländer Zuwächse in der Einfuhr vorliegen (Italien: +1,2 Prozent auf 15,2 Mio. Paar; Polen: +11,7 Prozent auf 7,0 Mio. Paar; Portugal: +17,8 Prozent auf 6,5 Mio. Paar; Spanien: +12,8 Prozent auf 5,9 Mio. Paar), nahm die Einfuhr aus Österreich, Ungarn und Kroatien ab (Österreich: -3,0 Prozent auf 2,2 Mio. Paar; Ungarn: - 6,1 Prozent auf 1,0 Mio. Paar, Kroatien: - 3,5 Prozent auf 0,9 Mio. Paar). Stark rückläufig haben sich die Einfuhren aus Kambodscha entwickelt. Während in den ersten sechs Monaten von 2020 fast zehn Millionen Paar Schuhe aus Kambodscha aus Deutschland eingeführt wurden, wurden von Januar bis Juni 2021 6,8 Millionen Schuhe aus Kambodscha in Deutschland eingeführt. Dies entspricht einem Rückgang von 30,0 Prozent. Ein möglicher Grund für den Rückgang ist hier unter anderem der Entzug der Zollpräferenzen für Kambodscha durch die EU im Rahmen des Allgemeinen Präferenzsystem (APS) im August 2020. Bis dahin erhielten kambodschanische Produkte zollfreien Zugang zur EU. Die Wiedereinführung der Präferenzen macht die EU von Fortschritten der kambodschanischen Regierung in den Fragen der bürgerlichen und politischen Rechte abhängig. Der HDS/L setzt sich für den gemeinsamen Dialog ein, um die Situation vor Ort zu verbessern. Im Oktober 2020 haben Kambodscha und China ein Freihandelsabkommen zwischen beiden Ländern unterzeichnet. 4 

Die Einfuhr der verschiedenen Schuhtypen entwickelte sich verschiedene Richtungen. Während Rückgänge für Schuhe mit Lederoberteil und Textiloberteil vorliegen, blieb die Einfuhr von Schuhen mit Kunststoffoberteil konstant im ersten Halbjahr 2021 im Vergleich zum ersten Halbjahr 2020 (Schuhe mit Lederoberteil: -11,4 Prozent auf 76,5 Mio. Paar; Schuhe mit Textiloberteil: -7,5 Prozent auf 124,8 Mio. Paar; Schuhe mit Kunststoffoberteil: +0,4 Prozent auf 108,9 Mio. Paar). Während im ersten Halbjahr 2020 noch 38,4 Millionen Paar Straßenschuhe mit Kunststoffoberteil in Deutschland eingeführt wurden, wurden in den ersten sechs Monaten von 2021 42,8 Millionen Paar Straßenschuhe mit Kunststoffoberteil importiert. 

Ausblick 

Aufgrund der Befürchtungen eines weiteren Lockdowns ist der Fachhandel zutiefst verunsichert und hat das Ordervolumen dementsprechend reduziert. Fast die Hälfte der Schuhhersteller berichten in der aktuellen HDS/L Konjunkturumfrage von einer schlechten Auftragslage und einer schlechten Umsatzentwicklung in den vergangenen drei Monaten. Durch eine völlig dysfunktionale Corona-Politik wird immer wieder Panik geschürt, die sich negativ auf das Konsumentenvertrauen und ihre Anschaffungsneigung auswirkt. Es stellt sich die Frage, ob die ZeroCovid-Strategie die richtige ist. Die Politik sollte umsatteln und sich eingestehen, dass wir mit dem Virus leben müssen. Die Hersteller sehen einen weiteren Lockdown für den stationären Fachhandel als absolut existenzbedrohend für sowohl Handel als auch Industrie an. 

Unternehmer sind von Natur aus optimistisch. Laut der aktuellen HDS/L Konjunkturumfrage erwarten zwei Drittel der deutschen Schuhhersteller eine bessere Umsatzentwicklung im zweiten Halbjahr 2021 gegenüber dem 2. Halbjahr 2020, sofern die Rahmenbedingungen nicht schlechter werden. Chancen sehen die Hersteller unter anderem im Exportgeschäft. Zwei Drittel der Schuhhersteller erwarten ein besseres Auslandsgeschäft im zweiten Halbjahr 2021 gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Rund die Hälfte der Hersteller geht von einer besseren Ertragslage und einem höheren Auftragsbestand im zweiten Halbjahr 2021 im Vergleich zum 2. Halbjahr 2020 aus. Jedoch bringt die Corona-Pandemie ungeahnte Risiken hervor: Laut der aktuellen HDS/L Konjunkturumfrage sehen 80 Prozent der Schuhhersteller die Rohstoffpreise als ein Risiko bei der wirtschaftlichen Entwicklung ihres Unternehmens in den kommenden sechs Monaten an. Zwei Drittel der befragten Schuhhersteller identifizieren die Logistik und den Fachkräftemangel als Risiken für die wirtschaftliche Entwicklung des Unternehmens. Um die Digitalisierung weiter vorantreiben zu können, fordern die Hersteller finanzielle Unterstützung. 

Trotz einer erhofften Verbesserung des 2. Halbjahres 2021 gegenüber dem 2. Halbjahr 2020 wird das Geschäftsjahr 2021 aufgrund des extrem langen Lockdowns im 1. Halbjahr 2021 ein schwieriges Geschäftsjahr bleiben. Frühestens 2022 erwarten wir, dass wieder das Niveau vor der Corona-Krise erreicht werden kann. 

 

Pressemitteilung

Bundesverband der Schuh- und Lederwarenindustrie e.V. 

10117 Berlin 31 August 2021